Bad Oeynhausen. Prof. Reiner Körfer sieht sich an seiner neuen Wirkungsstätte in Essen schweren Vorwürfen ausgesetzt. Der 68-jährige Herzchirurg, der Ende Januar 2009 nach 25 Jahren als Ärztlicher Direktor des Herz- und Diabeteszentrums Bad Oeynhausen in den Ruhestand geschickt wurde, wird nun von einem Oberarzt des Essener Herzzentrums verklagt. Der Vorwurf: Mobbing. Körfer weist die Anschuldigungen entschieden zurück. „Es geht um die Wahrheit“, sagte der Bad Oeynhausener Ehrenbürger der NW.
Der Kläger war seit Oktober 1998 am Essener Herzzentrum als Oberarzt für den Bereich Anästhesie und Intensivstation tätig. Im Februar dieses Jahres habe der 47-Jährige seine Stelle gekündigt, weil er mit dem psychischen Druck nicht fertig geworden sei, wie sein Rechtsanwalt Christian Nohr vor dem Essener Arbeitsgericht erklärte. Der Kläger fordert nun vom Herzzentrum Essen 50.000 Euro Schmerzensgeld.
Vor Gericht führte Nohr acht Fälle an, in denen sich sein Mandant durch Äußerungen Körfers massiv getroffen und herabgewürdigt gefühlt haben soll. So soll Körfer gegenüber Mitarbeitern der Anästhesie im September 2009 gesagt haben: „Hier herrschen ja Zustände wie in Afrika“. Im Oktober habe Körfer bei einer Visite auf der Intensivstation gesagt: „Hier werden die Patienten ja vergiftet.“ Ein Vorwurf, der seinen Mandaten bis ins Mark getroffen habe, so Anwalt Nohr.
Körfer leugnet diese Äußerungen nicht. „Aber darf man denn nicht mehr die Wahrheit sagen, ohne dass einem gleich Mobbing vorgeworfen wird?“ fragt Körfer. Zu dem Vorfall mit dem Vergiftungs-Zitat erklärt er: „Wenn ein Patient eindeutig zu viel von einem Medikament verabreicht bekommt, dann muss ich schon Mal etwas deutlicher werden.“
Sein Vergleich mit Afrika habe sich auf die hygienischen Verhältnisse bezogen: „Wenn ein Arzt noch in seiner Fahrradkleidung auf die Intensivstation geht, dann ist das einfach nicht in Ordnung.“
Körfer schließt auch aus, dass sich Ärzte und Schwestern in Essen vielleicht erst an seinen robusten ostwestfälischen Tonfall gewöhnen mussten. „Der Ton hier ist nicht rau“, beteuert der Herzchirurg. Mobbing-Vorwürfe, wie sie jetzt in Essen gegen ihn erhoben werden, habe es in den 25 Jahren in Bad Oeynhausen nie gegeben. „Da wusste jeder Mitarbeiter jederzeit, wo er bei mir dran ist“, so Körfer.
Die Mobbing-Klage treffe ihn nicht, sagt der Herzspezialist. „Wenn der Mann mit seiner Forderung nach Schmerzensgeld durchkommt, verstehe ich die Welt nicht mehr. Sowas kann man den Patienten nicht zumuten.“ Sein Hauptziel sei, dass es den Patienten gut gehe. „Dann machen wir alles richtig.“
Ein erster Anhörungstermin vor dem Essener Arbeitsgericht verlief am Freitag ohne Einigung. „Wir werden nun schriftlich Stellung nehmen“, kündigt Thomas Kalhöfer, Pressesprecher des Herzzentrums Essen, an. „Natürlich werden wir die Vorwürfe zurückweisen.“
Anwalt Nohr deutet indes an, dass die Mobbingklage des Oberarztes womöglich nicht die einzige bleiben werde. Auch von Krankenschestern soll es Vorwürfe gegen Chefarzt Körfer geben.

Jörg Stuke – 26.03.2010
Neue Westfälische